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3) Die Sühne ist begrenzt in bezug auf Zweck und Anwendung

Obgleich der Wert der Sühne ausreichen würde, die gesamte Menschheit zu erlösen, ist sie nur in Bezug auf die Erwählten wirksam. Jeder Erwählte wird auf die gleiche Weise errettet; die Erlösung ist für jedermann objektiv möglich, doch aufgrund subjektiver Schwierigkeiten, die in der Unfähigkeit des Sünders begründet liegen, von sich aus das zu tun, was Gott genügte, werden nur diejenigen gerettet, die vorher vom Heiligen Geist erneuert und geheiligt worden sind. Der Grund, weshalb Gott seine Gnade nicht jedem Menschen zuwendet, ist nicht völlig offenbart worden.136136     Der Arminianismus sieht in diesem Grund die freie Willensentscheidung des Einzelnen (deren Möglichkeit Luther in seinem Hauptwerk vehement bekämpft hat), während der Calvinismus bestreitet, dass die Entscheidung, wer gerettet wird und wer nicht, mit der jeweiligen Person zu tun hat. Der Streit geht gewissermaßen an der Sache vorbei, da der Arminianismus den Calvinismus zu einem Zeitpunkt angreift, den der Calvinismus immer schon vor jener Entscheidung sieht. Die meisten Gegner der Erwählungslehre geben zwar zu, dass nicht sie auf Jesus, sondern Jesus auf sie „zugegangen“ sei, verstehen sein „Zugehen“ aber nur als reines Angebot, das auch ausgeschlagen werden kann. Der Calvinismus begrenzt die Sühne  in ihrer Absicht, der Arminianismus in ihrer Wirkkraft. Ihm gemäß habe Gott den Menschen mit einem „freien“ Willen ausgestattet und hält sich bloß an seine „Spielregeln“, wenn er die Ablehnung des Menschen — bei einer übrigens so wichtigen Sache ein prekärer Gedanke! — akzeptiere. Abgesehen vom richtigen Verständnis der Willensfreiheit sollte man jedenfalls bedenken, dass ein beträchtlicher Teil derer, die das Evangelium hören, es nicht nur nicht annehmen, weil sie es an sich ablehnen, sondern weil sie es gar nicht verstehen; weil sie zu verblendet sind, weil sie nicht erleuchtet werden oder, last but not least, es gar nie hören. Trotz der Tatsache also, dass der Arminianismus den Primat durchaus Gott zugesteht, ist er nicht bereit, aus diesem Zugeständniss die logische Schlussfolgerung zu ziehen (A. d. Ü.).

Wenn die Sühne für alle Menschen geschehen wäre, würde ihr Wert dadurch sehr verringert. Wenn sie alle Menschen beträfe und einige trotzdem verlorengehen, so bedeutete dies: Die Erlösung ist objektiv gesehen für alle Menschen möglich, erlöst aber eben nicht alle. Der Arminianismus behauptet, die Sühne habe es nur möglich gemacht, dass der Mensch mit der göttlichen Gnade »zusammenwirken« kann — er kann sich so gewissermaßen selbst erretten — wenn er denn will.

Gibt es denn einen einzigen, der am Krebs stirbt, von dem er geheilt wird? Dann leuchtete uns auch die Ansicht ein, dass jemand wegen der Sünde sterben muss, die ihm vergeben worden ist. Die Sühne umfasst das ganze denkbare Ausmaß. Wenn sie die Erlösung nur möglich machte, gälte sie jedermann. Wenn sie dagegen die Erlösung sicherstellte, beträfe sie nur die Erwählten. Es ist, wie B. B. Warfield sagt:

»Wir können zwischen einer Sühne von höchstem Wert oder einer Sühne weitesten Ausmaßes wählen. Beides geht nicht zusammen.«137137     Boettner gibt die Quelle nicht an.

Die Tat Christi kann nur auf Kosten seiner Substanz verallgemeinert werden. Hier darf kein Missverständnis aufkommen: Der Arminianismus limitiert die Sühne genauso wie der Calvinismus. Der Calvinismus „limitiert“ sie, indem er sagt, dass sie nicht allen Personen gilt (Obgleich gezeigt worden ist, dass er glaubt, sie sei jedenfalls ausreichend, die große Mehrheit der Menschen zu retten); der Arminianismus dagegen leugnet ihre Kraft, denn er behauptet, dass sie allein nicht ausreiche, den Menschen zu erretten. Der Calvinismus begrenzt ihre Quantität, der Arminianismus ihre Qualität. Der Calvinismus gleicht einer schmalen Brücke über einen breiten Strom, der Arminianismus gleicht einer breiten Brücke, die allerdings nur bis zur Hälfte des Stromes reicht. Letztendlich ist es der Arminianismus, der die Größe des Heils, das in Christus geschehen ist, schmälert!


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