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3) England
Blick auf die Geschichte Englands zeigt uns, dass es der Calvinismus war, der den Protestantismus in diesem Land zum Triumph führte. Viele der führenden Protestanten, die während der Regentschaft Königin Marys nach Genf geflohen waren, erlangten nachmals unter Königin Elisabeth hohe Ämter in der Kirche. Unter ihnen befanden sich die Übersetzer der Genfer Bibel, deren Herausgabe sich vielfach Calvin und Beza verdankt. Sie blieb die populärste englische Übersetzung — bis in die Mitte des siebzehnten Jahrhunderts, als sie von der King James Version abgelöst wurde. Der Einfluss Calvins zeigt sich an den 39 Artikeln der anglikanischen Kirche, speziell im Artikel 17, der die Prädestinationslehre formuliert. Cunningham hat gezeigt, dass alle großen Theologen der etablierten Kirche unter der Regentschaft Heinrichs VIII., Eduards VI. und Elisabeths durch und durch Prädestinatianer gewesen waren; der Arminianismus Lauds297297 William Laud (* 7. Oktober 1573 in Reading; † 10. Januar 1645 in London), Erzbischof von Canterbury, später Bischof von London; wurde 1645 nach einem Parlamentsbeschluss enthauptet (A. d. Ü.). und seiner Nachfolger stellte eine Abweichung von dieser Lehre dar. Wenn wir im England der damaligen Zeit echte Helden suchen, dann finden wir sie im erlauchten Kreis einiger englischer Calvinisten, die auf einer reineren Form der Anbetung und des gesamten Lebens insistierten und sich damit den Spottnamen »Puritaner« einfingen und die Macaulay als den »vielleicht bemerkenswertesten Kreis von Männern« bezeichnet hat, »den die Welt je hervorgebracht hat.« Bancroft sagt:
»Der Protestantismus Englands verdankt sich den Puritanern.«
Smith berichtet:
»Die Bedeutung dieser Tatsache kann nicht ermessen werden. Der englische Protestantismus mit der Bibel in der Hand, mit seiner geistlichen und geistigen Freiheit hat nicht nur den Protestantismus der amerikanischen Kolonien hervorgebracht, sondern war der Same eines schnell wachsenden Volkes, das über drei Jahrhunderte die angelsächsiche Sprache, ihre Religion und Institutionen in alle Welt getragen hat.«298298 Smith, The Creed of Presbyterians, S. 72.
Cromwell, der große calvinistische Führer und Bürger, stellte sich selbst auf den harten Felsen des Calvinismus und schaarte Soldaten um sich, die seinen Glauben teilten. Es ergab sich eine Armee, die an Reinheit und heroischem Idealismus noch nicht da gewesen war.
»Weder die britischen Inseln noch der Kontinent konnten ihren Angriffen standhalten«, sagt Macaulay. »Die Puritaner Englands, Schottlands, Irlands und Flanderns waren wohl oft in Schwierigkeiten, hatten manchmal gegen einen dreifachen Feind zu kämpfen, doch sie waren nicht nur siegreich, sondern sie brachen jeglichen Widerstand. Bald waren sie so weit, den Tag der Schlacht als Tag des Triumphes anzusehen und den berühmtesten Bataillonen Europas mit todesverachtendem Vertrauen entgegenzutreten. Sogar die verbannten Reiter überfiel ein Anflug von Stolz, wenn sie eine Brigade Landsmänner sahen, die ihrem Feind zahlenmäßig unterlegen und von Freunden verlassen war. Eine Kopflänge vorausreitend, schlugen sie die beste Infanterie Spaniens in die Flucht und rissen eine Lücke in die Reihen der Spanier, die selbst die besten Generäle Frankreichs für undurchdringlich hielten. … Was die Armeen Cromwells von anderen Armeen unterschied, war strengste Moral und Gottesfurcht in den Reihen der Soldaten. Selbst die strebsamsten Royalisten gaben zu, in ihren Reihen weder Schwüre gehört noch jemals Trunkenheit oder Spiel gesehen zu haben. Während der ganzen Dienstzeit war das Privateigentum der Bürger und die Ehre der Frau den Soldaten tabu. Kein Dienstmädchen hat sich je über Belästigungen der Rothemden beschwert. Auch nicht ein einziges Plättchen wurde je aus den Geschäften der Goldschmiede gestohlen.«299299 Macaulay, History of England, Bd. 1, S. 119.
Professor John Fiske, einer der größten amerikanischen Historiker, sagt:
»Es ist nicht zuviel gesagt, dass im siebzehnten Jahrhundert die gesamte Zukunft der Menschheit von der Frage abhing, wie sich die Dinge in England entwickeln würden. Wären die Puritaner nicht gewesen, die politische Freiheit wäre vielleicht von der Erde verschwunden. Wenn es je Männer gegeben hat, die bereit waren, für diese Frage ihr Leben zu lassen, dann jene alten ›Ironsides‹, deren Losung die Heilige Schrift und deren Schlachtrufe Lobeshymnen gewesen waren.«300300 Macauley, The Beginnings of New England, S. 37, 51.
Man hat Cromwell zu verschiedenen Zeiten angeboten, ja, genötigt, die Krone Englands zu ergreifen, doch er lehnte jedesmal ab. Mit ihrer Lehre sind die Puritaner die direkten Nachkommen Johannes Calvins; sie und nur sie allein haben den Funken englischer Freiheit am Leben erhalten. Angesichts dieser Tatsachen kann niemand dem Urteil Fiskes widersprechen, wenn er sagt:
»Was die Menschheit Calvin verdankt, ist kaum zu überschätzen.«301301 Quelle nicht angegeben.
McFetridge sagt in seinem famosen Büchlein »Calvinism in History«:
»Wenn wir uns die Frage stellen, wem England seine Freiheit verdankt, dann antwortet uns die Geschichte: dem illusteren Calvinisten Willhelm von Oranien, der, wie Macaulay sagt, geschult war im streng logischen Denken der Genfer Schule, das nicht nur seinem Verstand entsprach, sondern auch seinem Temperament. Der Eckstein seiner Religion war die Prädestinationslehre. Er sagte einmal voll Klarsicht, wenn er die Prädestinationslehre aufgeben müsste, müsste er den Glauben an alle übernatürliche Vorsehung aufgeben und zum bloßen Epikureer werden. Ganz recht, denn Prädestination und herrschende Vorsehung sind das Gleiche. Akzeptieren wir das eine, dann müssen wir zwingend logisch auch das andere glauben« (S. 52).
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