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2) Das Beharren beruht nicht auf guten Werken, sondern auf Gottes Gnade

Paulus lehrt, dass die Gläubigen nicht mehr unter dem Gesetz, sondern unter der Gnade sind, und da sie nicht mehr unter dem Gesetz leben, können sie auch nicht für die Verletzung des Gesetzes verurteilt werden. »Ihr steht ja nicht unter dem Gesetz, sondern unter der Gnade« (Röm 6,14). Sünde, die erst noch begangen wird, kann diesen angeblichen Abfall nicht bewirken, denn der Christ befindet sich in den Armen der Gnade und wird nicht aufgrund seiner Fehler beurteilt. »Ist es aber aus Gnade geschehen, so nicht mehr infolge von Werken. Sonst wäre ja die Gnade nicht mehr Gnade« (Röm 11,6). »Das Gesetz führt zur Strafe; ohne Gesetz gibt es keine Übertretung« (Röm 4,15). »Wo kein Gesetz ist, da ist die Sünde tot« (Gemeint ist: Wo das Gesetz aufgehoben ist, da wird der Person die begangene Sünde nicht angerechnet, Röm 7,8). »So seid auch ihr, meine Brüder, durch Christi Leib tot für das Gesetz« (Röm 7,4). Jeder, der versucht, auch nur den kleinsten Teil zu seiner Errettung selbst beizutragen, wird sofort schuldig, »das ganze Gesetz einzuhalten« (Gal. 5,3; gemeint ist: aus eigener Kraft vollkommenen Gehorsam aufzubringen und die Erlösung auf diesem Wege zu erlangen). Wir sprechen hier von zwei radikal verschiedenen Erlösungswegen, die einander sogar widersprechen.

Die unendliche, geheimnisvolle und ewige Liebe Gottes seinem Volk gegenüber garantiert, dass es nie wieder verlorengehen kann. Diese Liebe ist keinen Veränderungen ausgesetzt. Sie erreicht den Menschen unverdientermaßen und hält uns fester, als wir sie halten könnten. Sie beruht nicht auf der Attraktivität dessen, der geliebt wird. »Darin zeigt sich die Liebe, nicht dass wir Gott geliebt haben, sondern dass er uns geliebt und seinen Sohn als Versöhnung für unsere Sünden gesandt hat« (1. Joh 4,10). »Gott aber erweist seine Liebe zu uns dadurch, dass Christus für uns gestorben ist, als wir noch Sünder waren. Um so mehr werden wir jetzt, da wir durch sein Blut gerechtfertigt sind, durch ihn vor dem Zorngericht bewahrt bleiben. Denn wurden wir, als wir noch seine Feinde waren, durch den Tod seines Sohnes mit Gott versöhnt, um so mehr werden wir als Versöhnte durch sein Leben gerettet werden« (Röm 5,8—10).

Hier wird die Sache auf den Punkt gebracht: Unser Beharren beruht gerade nicht auf unserem Verdienst. Das geistliche Leben wurde uns eingepflanzt, »als wir noch Feinde waren«, und das aus souveräner Gnade. Wenn Gott das Größere schon getan hat, wird er dann nicht das Kleinere auch noch tun? Der Autor des Hebräerbriefes lehrt ebenso, dass Gottes Auserwählte unmöglich verlorengehen können, wenn er sagt, dass Christus beides ist: Urheber und Vollender unseres Glaubens. Hier lernen wir, dass der ganze Heilsweg göttlich ist — er ist göttlich geplant und wird göttlich ausgeführt. Weder die Gnade Gottes noch ihre Dauer haben etwas mit unseren Verdiensten zu tun. Wenn ein Christ also abfallen sollte, so deswegen, weil Gott ihm seine Gnade entzieht und die Art und Weise seines Heilshandelns ändert, oder in anderen Worten: weil er den Menschen wieder unter das Gesetz stellt.

Robert L . Dabney hat diese Wahrheit sehr treffend ausgedrückt:

»Die souveräne und unverdiente Liebe ist die Ursache der Berufung des Glaubenden. Jeremia 33,3; Röm 8,30. Ist die Ursache unveränderlich, so kann auch die Wirkung nicht anders ausfallen. Der Glaubende, in dem Gott das gute Werk begonnen hat, empfängt diese Gnade unausgesetzt. Gottes Gnade ist nicht vom bereuenden Menschen motiviert, daher stellt die etwaige künftige Abwesenheit des Guten im Begnadeten ebenso kein Motiv dar, das Gott dazu bewegen könnte, dem Begnadeten seine Gnade wieder zu entziehen. Als er dem Menschen seine Gnade zuwandte, wusste Er, dass er seine Gnade einem Verderbten zuwendet, einem Verderbten, der aber auch gar nichts Liebenswertes an sich hat, das Seiner Heiligkeit genügte, und daher kann auch keine künftige Undankbarkeit oder Unglauben, dessen sich der Sünder nach seiner Bekehrung etwa schuldig macht, Gott provozieren, seine Gnade wieder zurückzuziehen. Gott hat doch längst jede Undankbarkeit vorhergesehen. Er wird sie dadurch strafen, dass er seinen Heiligen Geist oder die allgemeinen Gnadenerweise eine Zeitlang entzieht, aber wenn er nicht schon von Anfang an gewillt gewesen wäre, diese Undankbarkeit zu ertragen und sie in Christus zu vergeben, hätte er einen solchen Sünder doch gar nicht erst begnadigt. Mit einem Wort: Der Grund für Gottes Gnade und liebende Erwählung liegt in Gott allein. Der Glaubende hat keinen Einfluss darauf, und daher können weder Herz noch Verhalten des Gläubigen Gottes Vorsatz der Liebe ändern (Jes 54,10; Röm 11,29). Man vergleiche Römer 5,8-10 und Röm 8,32 sorgfältig mit dem ganzen Abschnitt von Römer 8,28 bis zum Ende des Kapitels. All dies beweist unsere Position ganz und gar; ›was kann uns von der Liebe Christi scheiden?‹«164164     Robert L. Dabney, Systematic Theology, S. 690.

»Gottes Liebe wird in dieser Hinsicht mit der elterlichen Liebe verglichen. Eine Mutter liebt ihr Kind nicht, weil es an sich liebenswert ist. Ihre Liebe wird sie aber dazu bringen, alles zu tun, um es liebenswert zu machen und es so zu bewahren. So wird auch die geheimnisvolle Liebe Gottes, die nicht durch irgendeine Eigenschaft der geliebten Menschen beeinflussen lässt, ihre Kinder weiterhin mit der Gabe des Heiligen Geistes zieren und sie nach und nach in die Schönheit der Heiligkeit verwandeln. Nur der beklagenswerte Irrtum, Gott liebe uns wegen irgend eines Guten in uns, kann jemanden zu der Ansicht verleiten, Gottes Liebe sei davon abhängig, was ihr der Mensch entgegenbringt.«165165     Charles Hodge, Systematic Theology, Bd. 3, S. 112.

Zur Erlösung der Erwählten vermerkt Luther:

»Im neunten, zehnten und elften Kapitel lehret er [d.i. Paulus] von der ewigen Vorherbestimmung Gottes, woher es ursprünglich fließt, wer glauben oder nicht glauben soll, wer von Sünden los oder nicht los werden kann, womit es ja ganz aus unsern Händen genommen und allein in Gottes Hand gegeben sei, dass wir fromm werden. Und das ist auch aufs allerhöchste not. Denn wir sind so schwach und ungewiss, dass, wenns bei uns stünde, freilich nicht ein Mensch selig würde, der Teufel würde sie gewisslich alle überwältigen. Aber nun Gott gewiss ist, dass ihm das, was er vorherbestimmt, nicht fehlgehet, noch jemand ihm wehren kann, haben wir noch Hoffnung wider die Sünde.«166166     Martin Luther, Vorrede zum Brief des Paulus an die Römer.

Je mehr wir über diesen Sachverhalt nachdenken, desto dankbarer sind wir, dass unser Beharren in Heiligkeit und Sicherheit der Errettung nicht von unserer schwachen Natur abhängt, sondern von Gottes unveränderlicher Macht. Wir können mit Jesaja sagen: »Wenn Jahwe der Heerscharen uns nicht einen gar kleinen Überrest gelassen hätte, wie Sodom wären wir, Gomorra gleich geworden.« Der Arminianismus leugnet dieses Beharren, weil er kein reines Gnadensystem ist, sondern ein System aus Gnade und Werken, und in all solchen Systemen muss der Mensch wenigstens einen kleinen Teil selbst zu seinem Heil beitragen.


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