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9) Die überragende Menge der erlösten Schar

Der Beschluss Gottes zur Erwählung und seine vorherbestimmende Liebe ist, obgleich sehr anspruchsvoll und eigenartig, nichtsdestoweniger umfassend. »Darauf sah ich eine große Schar, die niemand zu zählen vermochte, aus allen Völkern, Stämmen, Geschlechtern und Sprachen. Sie stehen vor dem Thron und vor dem Lamm, angetan mit weißen Gewändern und mit Palmzweigen in ihren Händen. Sie rufen mit lauter Stimme: Das Heil ist bei unserem Gott, der auf dem Thron sitzt, und dem Lamm« (Offb. 7,9f). Gott, der Vater, hat unzählbare Millionen aus der Menschheit erwählt, damit sie ewige Erlösung und ewige Glückseligkeit haben sollen. Wie groß der Anteil dieser Schar an der gesamten Menschheit ist, ist uns nicht gesagt, aber im Hinblick auf die großartige Zukunft, auf die wir zugehen und die der Kirche prophezeit ist, kann man folgern, dass es der weit größere Teil der Menschheit sein wird, der sich unter Seinen Auserwählten befinden wird.

Im neunzehnten Kapitel der Offenbarung berichtet Johannes von einer Vision, in der symbolisch der Kampf zwischen den guten und den bösen Mächten der Welt geschildert wird. Über diese Beschreibung sagt Dr. Warfield:

»Die Szene wird mit der Vision vom Sieg des Wortes Gottes eröffnet, dem König der Könige und Herrn der Herrn, der über alle seine Feinde siegt. Wir sehen ihn aus dem Himmel kommen, gerüstet zum Krieg und gefolgt von den himmlischen Armeen; die Vögel des Himmels sind geladen zum großen Mahl der Leichname, die für sie bestimmt sind. Die Armeen des Feindes, die Bestien und die Könige der Erde werden gegen ihn aufgeboten und völlig zerstört; alle Vögel werden satt von der Leichname Fleisch (Offb. 19,11—21). Das ist das lebendige Bild eines totalen Sieges; ein ganzer Krieg wird hier beschrieben; die ganze Kriegsmetaphorik wird bemüht, um dies angemessen zu beschreiben. Doch das ist symbolisch zu verstehen. Was hier symbolisch dargestellt wird, ist der Totalsieg des Sohnes Gottes über alle Heere der Gottlosigkeit. Wir brauchen eigentlich nur einen einzigen Hinweis aus dieser Symbolsprache, um zu verstehen, und dieser einzige genügt auch schon. An zwei Stellen (V. 15 u. 21) wird uns gesagt, dass das Schwert, mit dem der Sieg errungen wird, aus dem Munde des Eroberers kommt. Das bedeutet, dass wir nicht an eine wörtliche Schlacht zu denken haben, sondern an einen Krieg, der durch das gesprochene Wort ausgefochten wird —  kurz gesagt: durch die Verkündigung des Evangeliums. Wir haben hier die siegreiche Ausbreitung des Evangeliums in aller Welt vor uns. All diese Bilder einer schrecklichen Schlacht und deren grausamen Details sollen uns den Eindruck eines Totalsiegs (des Christentums) vermitteln. Das Evangelium Christi ist dabei, die Welt zu erobern, bis es alle seine Feinde besiegt hat.«118118     B. B. Warfield, Biblical Doctrines, Art. „The Millenium and the Apocalypse“, S. 647.

Wir, die wir zwischen den zwei Adventen leben, sehen diesen Krieg im vollen Gang. Wie lange es dauern wird, bis dieser Sieg eingetreten sein wird oder wie lange die bekehrte Welt warten muss, bis ihr Herr wiederkommt, wissen wir nicht. Wir leben heute in einer Zeit, die man beinahe golden nennen könnte119119     Man wird sich erinnern, dass Boettner 1932 schreibt und nicht die Bibel im Licht der Ereignisse sieht, sondern — wie es der Calvinismus im allgemeinen tut — sich die Sicht auf die Bibel nicht vom Tagesgeschehen trüben lässt (A. d. Ü.). , wenn man das erste Jahrhundert des Christentums bedenkt. Dies sollte sich in Zukunft fortsetzen, bis die Lebenden die praktische Erfüllung der Bitte sehen: »Dein Reich komme, dein Wille geschehe, wie im Himmel, so auch auf Erden.« So wie wir uns einer größeren Schau von Gottes gnädigem Handeln mit der sündigen Erde befleißigen, sehen wir, dass Er seine erwählende Gnade nicht mit der Hand eines Geizhalses austeilt, sondern dass es Seine Absicht ist, die ganze Welt zu sich zu bekehren. Das Versprechen wurde schon Abraham gegeben, dass nämlich seine Nachkommen eine ungeheure Schar werde werden: »Ich will dich reichlich segnen und deine Nachkommenschaft so zahlreich werden lassen wie die Sterne des Himmels und wie den Sand am Gestade des Meeres« (1 Mo 22,17). »Ich will deine Nachkommenschaft zahlreich werden lassen wie den Staub der Erde. Nur wenn jemand imstande wäre, den Staub der Erde zu zählen, erst dann könnte auch deine Nachkommenschaft gezählt werden« (1 Mo 13,16). Dem Neuen Testament entnehmen wir, dass sich dieses Versprechen nicht nur auf das nationale Volk der Juden beschränkt, sondern dass gerade die Christen diejenigen sind, die im wahren Sinn des Wortes »Söhne Abrahams« genannt werden: »Erkennt daraus, dass jene Kinder Abrahams sind, die aus Glauben leben.  … Gehört ihr aber Christus an, so seid ihr auch Abrahams Nachkommen und gemäß der Verheißung Erben« (Gal. 3,7.29).

Jesaja hat gesagt, dass die Hand des Herrn durch seinen Messias nicht leer ausgehen wird, sondern dass sich »seine Seele an seiner Arbeit sattsehen wird« (Jes 53,11). Was Jesus auf Golgatha gelitten hat, wird Anlass dazu sein, sich nicht mit Wenigem zufriedenzugeben.

Die Ansicht, dass die Geretteten die Verlorenen an Zahl weit überwiegen, zeigt auch die biblische Sprache selbst. Unter der kommenden Welt wird ganz allgemein der Himmel verstanden, der Himmel als großes Königreich, als Land, auch als Stadt, während die Hölle einheitlich als ein vergleichsweise kleiner Ort beschrieben ist, also als Gefängnis, als See (Feuersee), als Abgrund (vielleicht tief, aber schmal; Lk20,35; 1 Tim 6,17; Offb. 21,1; Mt 5,3; Heb. 11,16; 1 Petr 3,19; Offb. 19,20; 20,10.14.15; 21,8—27).

Die Engel und die Heiligen werden in der Schrift als Heer bezeichnet, als Myriaden, als eine unzählbare Schar: Zehntausend mal zehntausend und tausend mal tausende; eine solche Bezeichnung wird auf die Verlorenen niemals angewandt, und verglichen mit den Geretteten erscheint ihre Zahl vergleichsweise unbedeutend (Lk 2,13; Jes 6,3; Offb. 5,11). Shedd bemerkt dazu:

»Der Kreis der Erwählten Gottes ist ein himmlisch großer Kreis, keine Tretmühle. Das Königreich Satans ist unbedeutend verglichen mit dem Königreich Christi. Im immens großen Bereich der Gottesherrschaft ist das Gute die Regel, das Böse die Ausnahme. Auf dem Azurblau der Ewigkeit ist die Sünde nur ein Fleckchen, ein Punkt auf der Sonne. Die Hölle ist nur eine Ecke im Universum.«120120     Boettner gibt die Quelle des Zitats nicht an (A. d. Ü.).

Von da aus gesehen scheint es so — wenn wir die Vermutung wagen dürfen —, als könnte das Zahlenverhältnis von Geretteten zu Verlorenen etwa das der freien Bürger unseres Landes zu den Gefangenen sein; vielleicht wird man es auch mit einem Baum vergleichen dürfen, dessen Stamm, Äste und Zweige die Geretten darstellen, während die Verlorenen nichts als der Beschnitt sind, der verbrannt wird.

Wer, auch Nichtcalvinist, wünschte sich nicht, dass dem so sei? Aber, so mag eingewendet werden, sprechen nicht die Verse »Wie eng ist die Pforte und wie schmal der Weg, der zum Leben führt, und nur wenige finden ihn« (Mt 7,14) und »Viele sind zwar berufen, wenige aber auserwählt« (Mt 22,14) eine ganz andere Sprache? Ich glaube, dass diese Verse einen bestimmten Zeitrahmen betreffen, und zwar jenen, der das Palästina zur Zeit Jesu und zu dessen Bedingungen damals umfasst. Die große Mehrheit der Menschen damals beschritt nicht die Pfade der Gerechtigkeit, und diese Verse sind vom momentanen Standpunkt aus gesprochen, nicht von der Sicht eines noch in ferner Zukunft liegenden Gerichts aus. In diesen Versen tritt uns eine Beschreibung des Lebens entgegen, wie sie der damaligen Zeit eignete und wie sie auch bis in unsere Tage wohl zutrifft. Aber, fragt Dr. Warfield,

»Kann es denn nicht sein — wird es denn nicht so sein? —, dass mit dem Verstreichen der Jahre, der Jahrhunderte, ja ganzer Zeitalter das Verhältnis dieser ›zwei Wege‹ umgekehrt werden wird?«121121     Boettner gibt die Quelle des Zitats nicht an (A. d. Ü.).

Diese Verse sollen uns zeigen, dass der Weg zur Errettung ein schwieriger und dornenvoller Weg ist, und dass es unsere Aufgabe ist, diesen Weg wachsam und ausdauernd zu gehen.

Niemand sollte seine Errettung als Selbstverständlichkeit sehen. Diejenigen, die in das Königreich des Himmels eingehen, werden ihn durch viele Trübsale hindurch gehen müssen, daher der Befehl: »Ringet danach, durch die enge Pforte einzugehen« (Lk 13,24). Die Wahl, die man im Leben hat, ist die zwischen zwei Wegen: einer breit, angenehm und leicht zu beschreiten, und doch führt er in die Vernichtung. Der andere ist schmal und schwierig — dieser Weg führt ins Leben.

»Es gibt nicht mehr Grund anzunehmen, dieses Gleichnis lehre die zahlenmäßige Überlegenheit der Verlorenen gegenüber den Geretteten als dass das Gleichnis mit den zehn Jungfrauen (Mt 25) lehren soll, dass sie numerisch gleich seien; noch weniger Grund gibt es, anzunehmen, das Gleichnis vom Unkraut im Weizen (Mt 13,24ff.) lehre, dass die Verlorenen vergleichsweise unbedeutend seien im Vergleich mit den Geretteten, denn das ist in der Tat ein wesentlicher Bestandteil des Gleichnisses.«122122     B. B. Warfield, kleinere Schrift »Are They Few That Be Saved?«


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