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LIED FÜR DEN CHARFREITAG. I.

Er ist um unsrer Missethat willen verwundet,

Und um unsrer Sünde willen zerschlagen.

Johann Heermann. 1585-1647.

Herzliebster Jesu, was hast du verbrochen,

Dass man ein solch scharf Urtheil hat gesprochen?

Was ist die Schuld? in was für Missethaten

Bist du gerathen?

Du wirst verspeit, geschlagen und verhöhnet,

Gegeisselt und mit Dornen scharf gekrönet,

Mit Essig, als man dich ans Kreuz gehenket,

Wirst du getränket.

Was ist die Ursach aller solcher Plagen?

Ach, meine Sünden haben dich geschlagen;

Ich, ach Herr Jesu! habe diess verschuldet,

Was du erduldet.

Wie wunderbarlich ist doch diese Strafe!

Der gute Hirte leidet für die Schaafe,

Die Schuld bezahlt der Herre, der Gerechte,

Für seine Knechte.

Der Fromme stirbt, der recht und richtig wandelt,

Der Böse lebt, der wider Gott misshandelt,

Der Mensch verwirkt den Tod, und ist entgangen,

Gott wird gefangen.

Ich war von Fuss auf voller Schand und Sünden,

Bis zu dem Scheitel war nichts Guts zu finden,

Dafür hätt ich dort in der Höllen müssen

Ewiglich büssen.

O grosse Lieb, o Lieb ohn alle Masse,

Die dich gebracht auf diese Marterstrasse!

Ich lebte mit der Welt in Lust und Freuden,

Und du musst leiden.

Ach, grosser König, gross zu allen Zeiten,

Wie kann ich gnugsam solche Treu ausbreiten?

Kein menschlich Herze mag ihm diess ausdenken,

Was dir zu schenken.

Ich kanns mit meinen Sinnen nicht erreichen,

Mit was doch dein Erbarmung zu vergleichen:

Wie kann ich dir denn deine Liebesthaten

Im Werk erstatten!

Doch ist noch etwas, das dir angenehme,

Wenn ich des Fleisches Lüste dämpf und zähme,

Dass sie aufs Neu mein Herze nicht entzünden

Mit alten Sünden.

Weil aber diess nicht steht in eignen Kräften,

Dem Kreuze die Begierden anzuheften,

So gieb mir deinen Geist, der mich regiere,

Zum Guten führe.

Alsdann so werd ich deine Huld betrachten,

Aus Lieb zu dir die Welt für gar nichts achten,

Ich werde mich bemühen, deinen Willen

Stets zu erfüllen.

Ich werde dir zu Ehren alles wagen,

Kein Kreuz nicht achten, keine Schmach und Plagen,

Nichts von Verfolgung, nichts von Todesschmerzen

Nehmen zu Herzen.

Diess alles, obs für schlecht zwar ist zu schätzen,

Wirst du es doch nicht gar bei Seite setzen,

In Gnaden wirst du diess von mir annehmen,

Mich nicht beschämen.

Wenn dort, Herr Jesu, wird vor deinem Throne

Auf meinem Haupte stehn die Ehrenkrone,

Da will ich dir, wenn alles wird wohlklingen,

Lob und Dank singen.

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