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KINDLICHES GEMÜTHE.

Es sey denn, dass ihr euch umkehret, und werdet wie die Kinder, so werdet ihr nicht in das Himmelreich kommen.

Gerhard Tersteegen. 1697-1769.

O liebe Seele, könntst du werden

Ein kleines Kindchen noch auf Erden,

Ich weiss gewiss, es käm noch hier

Gott und sein Paradies zu dir.

Ein Kind kann nicht an Gold noch Schätzen,

Noch Pracht der Reden sich ergötzen:

Man mach es arm, man mach es reich,

Es gilt ihm Alles eben gleich.

Der Menschen Ansehn gilt ihm wenig,

Es fürchtet weder Fürst noch König:

O Wunder, und ein Kind ist doch

So arm, so schwach, so kleine noch!

Es kennet kein verstelltes Wesen,

Man kanns aus seinen Augen lesen:

Es thut einfältig was es thut,

Und denkt von Andern nichts als gut.

Mit Forschen und mit vielem Denken

Kann sich ein Kind das Haupt nicht kränken:

Es lebt in süsser Einfalt so

Im Gegenwärtigen ganz froh.

Ein Kindchen kann allein nicht stehen,

Geschweige, dass es weit sollt gehen;

Es hält die liebe Mutter fest,

Und so sich führn und tragen lässt.

Ein Kindchen kann nicht überlegen,

Es lässt sich heben, tragen, legen,

Denkt nicht an Schaden und Gefahr,

Es bleibt nur überlassen gar.

Ein Kind weiss nichts von fremden Sachen;

Was Andre thun, was Andre machen,

Was ihm vor Augen wird gethan,

Schaut es in stiller Unschuld an.

Sein liebstes Werk und höchst Vergnügen

Ist in der Mutter Armen liegen,

Sie anzusehen spät und früh,

Und zärtlich zu umarmen sie.

O süsse Unschuld, Kinderwesen!

Die Weisheit hab ich mir erlesen,

Wer dich besitzt, ist hoch gelehrt

Und in des Höchsten Augen werth.

O Kindheit, die Gott selber liebet,

Die Jesu Geist alleine giebet,

Wie sehnet sich mein Herz nach dir!

O Jesu, bilde dich in mir!

O Jesu, lass mich doch auf Erden

Ein solch unschuldges Kindlein werden;

Ich weiss gewiss, so kommt schon hier

Gott und sein Paradies zu mir.

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