O liebe Seele, könntst du werden Ein kleines Kindchen noch auf Erden, Ich weiss gewiss, es käm noch hier Gott und sein Paradies zu dir. | Ein Kind kann nicht an Gold noch Schätzen, Noch Pracht der Reden sich ergötzen: Man mach es arm, man mach es reich, Es gilt ihm Alles eben gleich. | Der Menschen Ansehn gilt ihm wenig, Es fürchtet weder Fürst noch König: O Wunder, und ein Kind ist doch So arm, so schwach, so kleine noch! | Es kennet kein verstelltes Wesen, Man kanns aus seinen Augen lesen: Es thut einfältig was es thut, Und denkt von Andern nichts als gut. | Mit Forschen und mit vielem Denken Kann sich ein Kind das Haupt nicht kränken: Es lebt in süsser Einfalt so Im Gegenwärtigen ganz froh. | Ein Kindchen kann allein nicht stehen, Geschweige, dass es weit sollt gehen; Es hält die liebe Mutter fest, Und so sich führn und tragen lässt. | Ein Kindchen kann nicht überlegen, Es lässt sich heben, tragen, legen, Denkt nicht an Schaden und Gefahr, Es bleibt nur überlassen gar. | Ein Kind weiss nichts von fremden Sachen; Was Andre thun, was Andre machen, Was ihm vor Augen wird gethan, Schaut es in stiller Unschuld an. | Sein liebstes Werk und höchst Vergnügen Ist in der Mutter Armen liegen, Sie anzusehen spät und früh, Und zärtlich zu umarmen sie. | O süsse Unschuld, Kinderwesen! Die Weisheit hab ich mir erlesen, Wer dich besitzt, ist hoch gelehrt Und in des Höchsten Augen werth. | O Kindheit, die Gott selber liebet, Die Jesu Geist alleine giebet, Wie sehnet sich mein Herz nach dir! O Jesu, bilde dich in mir! | O Jesu, lass mich doch auf Erden Ein solch unschuldges Kindlein werden; Ich weiss gewiss, so kommt schon hier Gott und sein Paradies zu mir. | |