Contents

« Prev Abendlied. Next »

Abendlied.

Beschirme mich unter dem Schatten deiner Flügel.

Paul Gerhard. 1606-1676.

Nun ruhen alle Wälder,

Vieh, Menschen, Städt und Felder,

Es schläft die ganze Welt:

Ihr aber, meine Sinnen,

Auf, auf, ihr sollt beginnen,

Was eurem Schöpfer wohlgefällt.

Wo bist du, Sonne, blieben?

Die Nacht hat dich vertrieben,

Die Nacht, des Tages Feind:

Fahr hin, ein andre Sonne,

Mein Jesus, meine Wonne,

Gar hell in meinem Herzen scheint.

Der Tag ist nun vergangen,

Die goldnen Sternlein prangen

Am blauen Himmelssaal:

Also werd ich auch stehen,

Wenn mich wird heissen gehen

Mein Gott aus diesem Jammerthal.

Der Leib eilt nun zur Ruhe,

Legt ab das Kleid und Schuhe,

Das Bild der Sterblichkeit:

Die zieh ich aus, dagegen

Wird Christus mir anlegen

Den Rock der Ehr und Herrlichkeit.

Das Haupt, die Füss und Hände

Sind froh, dass nun zum Ende

Die Arbeit kommen sei:

Herz, freu dich, du sollst werden

Vom Elend dieser Erden

Und von der Sünden Arbeit frei.

Nun geht, ihr matten Glieder,

Geht hin, und legt euch nieder,

Der Betten ihr begehrt:

Es kommen Stund und Zeiten,

Da man euch wird bereiten

Zur Ruh ein Bettlein in der Erd.

Mein Augen stehn verdrossen,

Im Nu sind sie geschlossen,

Wo bleibt denn Leib und Seel?

Nimm sie zu Deinen Gnaden,

Sei gut für allen Schaden,

Du Aug und Wächter Israel.

Breit aus die Flügel beide,

O Jesu, meine Freude,

Und nimm dein Küchlein ein;

Will Satan mich verschlingen,

So lass die Englein singen:

”Diess Kind soll unverletzet sein.“

Auch euch, ihr meine Lieben,

Soll heunte nicht betrüben

Ein Unfall noch Gefahr:

Gott lass euch ruhig schlafen,

Stell euch die goldnen Waffen

Ums Bett, und seiner Helden Schaar.

« Prev Abendlied. Next »
VIEWNAME is workSection